Schon
Wochen vor dem vernichtenden Vulkanausbruch waren die warnenden
Vorzeichen nicht zu übersehen: Die Erde bebte, Rauch und
Schwefeldämpfe stiegen über dem Gipfel 500 Meter hoch auf, Erdrutsche
zerstörten Plantagen und die Zugvögel nahmen Reißaus. Trotzdem wurde
die Stadt nicht evakuiert: Weil Wahlen angesetzt waren und um Panik zu
verhindern ließen Bürgermeister und Gouverneur verlautbaren, es
bestehe für die Stadt keine Gefahr. Tausende suchten dennoch ihr Heil
in der Flucht - und retteten ihr Leben. Wer den offiziellen Beteuerungen
glaubte, starb.
"Seither
haben wir in Martinique einen eigenen Spruch für jemanden, der einem
etwas weismachen möchte", weiß Sylvie Sainte-Agathe,
Fremdenführerin aus der zerstörten Stadt. „Wir sagen: ‚Die Blöden
sind alle in Saint-Pierre umgekommen."
Nur
einer überlebte in der Stadt die Katastrophe: Cyparis, ein
Plantagenarbeiter. Weil er im Rausch einen Saufkumpanen mit der Machete
attackierte, hatte er eine Strafe abzusitzen. Bei einem Arbeitseinsatz
als Gefangener floh er, um bei einem Fest in seinem Heimatdorf wieder
kräftig dem Rum zuzusprechen. Er stellte sich am nächsten Tag und kam
zur Strafverschärfung in das tiefste Kerkerloch des Gefängnisses,
hinter Meterdicke Mauern. Dort konnte ihm die glühend heiße Asche
nicht anhaben. „Rum rettet" ist seither ein geflügelter
Trinkspruch. |
Sylvie
Sainte-Agathe |